Die Interessen der Konzerne sind nicht die Interessen der Bevölkerung

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Ausgangslage

In Deutschland glauben viele Politikerinnen und Politiker, um der Arbeitsplätze willen solle man Unternehmen möglichst wenig Vorschriften machen und ihnen möglichst wenig Steuern abverlangen: So blieben die Unternehmen konkurrenzfähig und Deutschland gewogen, würden in Deutschland investieren und die Arbeitsplätze erhalten oder sogar neue schaffen.

Daran ist zweifellos richtig, dass man auf unnötigen bürokratischen und gesetzgeberischen Aufwand verzichten und Unternehmen nur so viel an Steuern – also an Beiträgen für das Gemeinwohl – abverlangen sollte, dass sie noch angemessene Gewinne vorweisen und investieren können.

Wahr ist andererseits aber leider auch, dass die meisten Unternehmen nicht freiwillig gemeinwohlorientiert handeln, sondern sich weder um Umweltschutz, Ressourcenschonung und Recyclingtauglichkeit ihrer Produkte noch um Verbraucherschutz, ja noch nicht einmal um geltende Gesetze scheren und auf legale, aber auch illegale Weise Steuern vermeiden, wenn man ihnen nicht entsprechende Vorschriften macht und die Einhaltung dieser Vorschriften auch konsequent kontrolliert.

Die bewusst irreführende Beratung von Kleinkunden durch Banken und Versicherungen, die gewohnheitsmäßige Beihilfe zur legalen oder illegalen Steuervermeidung bei Großkunden selbst durch Geldinstitute, die zuvor mit Steuergeldern vor der Insolvenz gerettet worden sind, die Abgas-, Verbrauchsangaben- und Sicherheitsskandale bei mehreren Automobilkonzernen, die Vertuschung schwerwiegender Störungen bei Atomreaktoren, die bewusst die Schädigung und den Tod von Patienten in Kauf nehmende Preistreiberei von Pharmaunternehmen selbst bei sehr preiswert herzustellenden Medikamenten, die bewusst unübersichtlichen Angebote und der unzureichende Service von Telekommunikationsunternehmen oder die bekannten Mogelpackungen und Mogelkennzeichnungen lassen darauf schließen, dass das Täuschen und Betrügen der Verbraucher und die Schädigung der Bürger bei zahlreichen Unternehmen nicht mehr als Ausnahmen, sondern als Regel zu werten sind.

Diese Haltung ist insofern nicht verwunderlich, als es natürlich Ziel eines Unternehmens ist, Gewinn zu machen. In besonderem Maße gilt das für Aktiengesellschaften. Ebenfalls nicht verwunderlich ist, dass sich transnationale Konzerne nicht verpflichtet fühlen, in den Ländern, in denen sie Geld verdienen, das nationale Gemeinwohl zu fördern, zumal sich ihre mächtigen und einflussreichen Eigentümer und Manager offenbar selbst zunehmend nicht als Teil der Gesellschaft verstehen, sondern bestenfalls als deren Partner, schlimmstenfalls als Konkurrenten selbst von demokratisch legitimierten Regierungen und Parlamenten.

Meines Erachtens sollte freilich nicht Profitmaximierung um jeden Preis das Ziel eines Unternehmens sein, sondern ein Wirtschaften im Einklang mit den grundlegenden ethischen Werten und dem Gemeinwohl sowie vereinbar mit dem langfristigen Überleben der Menschheit. Derzeit hat man eher den Eindruck, dass sehr viele Unternehmen bzw. deren Manager um der kurzfristigen Profitmaximierung und damit der Maximierung des eigenen Einkommens willen die lang- oder bereits mittelfristige Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschheit und die Umwertung ihrer ethischen Werte – "Geiz ist geil!", "Gier ist gut!", "Werbung ist Wahrheit!" etc. – gemäß dem Motto "Nach uns die Sintflut!" zumindest billigend in Kauf nehmen.

Durch legale oder illegale Steuervermeidung sowie durch das Hintertreiben von Umwelt- und Verbraucherschutzgesetzen schaden die Konzerne dem Gemeinwohl und verhindern durch den Geldentzug Investitionen u. a. in Bildung, Forschung, Integration von Zuwanderern, öffentliche Infrastruktur und saubere, klimaneutrale Energie. Sollten TTIP und ähnliche Freihandelsabkommen in der von den USA beziehungsweise den dort ansässigen transnationalen Konzernen angestrebten Form abgeschlossen werden, steht zu befürchten, dass es zumindest beim Umwelt- und Verbraucherschutz in Zukunft in Europa keine Fortschritte mehr – oder sogar Rückschritte – geben wird, da die transnationalen Konzerne in der Praxis dann allein durch die Androhung von Klagen vor den geplanten Schiedsgerichten alle Gesetze, die ihre Gewinnerwartung beeinträchtigen könnten, verhindern können und verhindern werden. TTIP läuft meines Erachtens nach dem derzeitigen Verhandlungsstand auf eine Selbstentmachtung der Parlamente zugunsten der Großunternehmen hinaus.

Was ist zu tun?

Da nicht zu erwarten ist, dass die Eigentümer und Manager der maßgeblichen Unternehmen in absehbarer Zukunft zu einer verantwortungsvollen Haltung gegenüber der Gesellschaft gelangen werden und da selbst jene Eigentümer und Manager, die anständig und verantwortungsvoll handeln möchten, das kaum können, da sie sonst wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen müssten, solange die Konkurrenz nicht ebenfalls anständig und verantwortungsvoll agiert, bleibt vorerst nur der Weg, durch entsprechende Gesetze und durch entsprechende Kontrollen Umwelt und Verbraucher zu schützen sowie das Gemeinwohl zu fördern. Nach Möglichkeit sollten solche Gesetze in Abstimmung mit den anderen Staaten der EU und möglichst der ganzen Welt erfolgen, damit Unternehmen nicht in Steueroasen bzw. Länder mit niedrigen Umwelt- und Sozialstandards ausweichen können, aber notfalls sollte Deutschland auch im Alleingang beschließen, was für das Wohl der Bürger und künftiger Generationen notwendig ist. Auf die "Beratung" durch oder die "Mitarbeit" von Lobbyisten von Unternehmen oder Unternehmensverbänden sollte der Gesetzgeber dabei möglichst verzichten. Leider sind die für die Überwachung der Einhaltung der Gesetze zuständigen Behörden in Deutschland notorisch unterbesetzt, so dass dem Staat jedes Jahr viele Milliarden an Steuern verlorengehen und viele Verstöße gegen Umwelt- und Verbraucherschutzgesetze unentdeckt und ungeahndet bleiben.

Hinsichtlich der Gesetzgebung ist zu überlegen, wie man in Zukunft verhindern kann, dass der Staat immer wieder findigen Unternehmensjuristen hinterherhecheln und Gesetzeslücken und Steuerschlupflöcher schließen muss. Vielleicht ist es möglich, einen Straftatbestand zu schaffen, der allgemein und prophylaktisch Maßnahmen betrifft, die erkennbar dem Ziel der Umgehung von Steuer- oder Umwelt- oder Verbraucherschutzgesetzen dienen, ohne dass diese Maßnahmen im Einzelnen im Gesetz konkret benannt werden müssen. Schließlich ist es in der Praxis so, dass in der Regel sehr wohl klar zu erkennen ist, ob eine Maßnahme der Umgehung von Gesetzen dient oder nicht. Gleiches gilt übrigens für das Arbeits- und Sozialrecht.

Um der Überforderung der Verbraucher durch eine Vielzahl ähnlich scheinender, aber doch unterschiedlicher Angebote zu begegnen, sollte der Staat bei komplexen Produkten dafür sorgen, dass es gute, nicht überteuerte, leicht verständliche, über Unternehmensgrenzen hinweg gültige, staatlich geprüfte Standardangebote gibt, bei denen die Verbraucher quasi eine Garantie dafür erhalten, dass sie ein gutes Produkt erwerben und nicht vom Unternehmen z. B. mittels des Kleingedruckten über den Tisch gezogen werden. Denn die meisten Verbraucher/Bürger – meine Wenigkeit eingeschlossen – haben schlichtweg nicht die Zeit, nicht die Lust und nicht den Sachverstand, hunderte von Angeboten miteinander zu vergleichen. Die Vergleichsportale im Internet sind diesbezüglich auch nur bedingt hilfreich, da sie häufig schon aufgrund der Voreinstellungen nicht wirklich objektiv sind, das Kleingedruckte bei komplexen Produkten kaum mitbewerten können und außerdem die Angebote von Unternehmen, die nicht bereit sind, an das Portal zu zahlen, dort in der Regel gar nicht erst auftauchen. Wem Standardangebote nicht genügen, der kann sich auf eigene Gefahr auf ein ungeprüftes Angebot einlassen. Hätte es bezüglich der "Riester-Rente" ein Standardangebot gegeben, läge die Zahl der abgeschlossenen Verträge heute vermutlich deutlich höher.

Wegen ihrer überragenden Bedeutung für die gesellschaftliche und politische Entwicklung seien zwei Konzerne hier gesondert erwähnt:

Facebook

Facebook stellt sich gerne als soziales Netzwerk dar, das nahezu uneigennützig und jedenfalls kostenlos den Nutzern Möglichkeiten zur Kommunikation und Selbstdarstellung bietet. Tatsächlich ist Facebook aber eine Aktiengesellschaft, die in allergrößtem Ausmaß die Daten und Dateien ihrer Nutzer abgreift und verwertet, sich vom Nutzer das Recht auf die uneingeschränkte Verwertung der Daten und Dateien einräumen lässt und mit personalisierter Werbung, deren Personalisierung auf den Benutzerdaten und dem Surfverhalten basiert, Milliarden scheffelt.

Der Nutzer kann die Zustimmung zur Abtretung seiner Rechte nicht verweigern, wenn er nicht generell auf die Nutzung von Facebook verzichten will. Ein solcher Verzicht ist für viele Nutzer aber inzwischen kaum mehr möglich: Wer als Schülerin oder Schüler nicht auf Facebook präsent ist, gilt fast schon als Außerseiter und manche Lehrerinnen und Lehrer, aber auch manche Bereiche an Hochschulen und sogar manche Firmen setzen die Nutzung von Facebook einfach voraus und veröffentlichen ihre Informationen nur noch dort, nicht mehr auf eigenen, von ihnen finanzierten Webseiten. Die jeweiligen Schülerinnen/Schüler oder Studierenden sind dann faktisch gezwungen, bei Facebook mitzumachen und einen Account anzulegen.

Dass Facebook in politischer Hinsicht nicht harmlos ist, zeigen die rechtsradikalen und islamistischen Webseiten und Kommentare, die dort zu finden sind. Dass die Macher von Facebook bislang offenbar nicht gezwungen werden können, die Veröffentlichung solcher Inhalte zu verhindern, sondern der Kanzleramtsminister bei dem staatsbesuchähnlichen Empfang des Herrschers über Facebook in Berlin im Februar 2016 Mark Zuckerberg lediglich darum bitten durfte, doch etwas gegen Hasskommentare zu tun, ist meines Erachtens ein Armutszeugnis für die Bundesrepublik Deutschland.

Um Facebook zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu veranlassen und damit niemand gezwungen ist, sich bei Facebook anzumelden, um an für ihn relevante Informationen gelangen zu können, schlage ich vor:

Google

Das Eingabefeld "Suche" des Quasi-Monopolisten Google ist für die meisten Surfer das Tor zum Web. Das heißt konkret: Webseiten, die bei einer Google-Suche nicht unter den ersten zehn Treffern auftauchen, haben nur geringe Chancen, überhaupt aufgesucht zu werden. Dass Google zudem vor und/oder zwischen der Trefferliste noch mehrere zur Suchanfrage passende bezahlte Anzeigen präsentiert, verringert die Besuchschancen der weiter unten auf der ersten Seite oder gar erst auf der zweiten Seite der Suchergebnisliste aufgeführten Webseiten noch mehr.

An welcher Stelle eine Webseite in der Trefferliste erscheint, ist nicht wirklich vorhersehbar. Google selbst behauptet, die Ergebnisse gemäß ihrer Relevanz anzuzeigen. Tatsächlich hat man aber häufig den Eindruck, dass umfangreiche und populäre Websites finanzkräftiger gewerblicher Anbieter bevorzugt angezeigt werden, auch wenn sie zum Thema der Suchanfrage weniger Relevantes zu bieten haben als manche kleinere, aber auf das Thema spezialisierte Website. Das ist auch nicht verwunderlich, denn bei der Platzierung spielt der PageRank eine große Rolle, also die Anzahl und Wertigkeit der Links, die auf eine Webseite verweisen, nicht etwa die inhaltliche Qualität der Seite, die auch kaum automatisiert zu erfassen wäre. Da auf umfangreiche und populäre Websites großer Anbieter in der Regel mehr Links verweisen als auf kleine und spezialisierte Websites und da finanzkräftige gewerbliche Anbieter zudem genug Geld haben, um Links in teilweise eigens dafür geschriebenen Texten zu kaufen, kleine Firmen und Privatleute dagegen nicht, ist es in der Praxis so, dass nichtkommerzielle und kleine Websites finanzschwacher Anbieter von Google bei der Platzierung in der Trefferliste unabhängig von der Qualität des Inhalts systematisch benachteiligt werden.

Angesichts der großen wirtschaftlichen, aber auch gesellschaftlichen und politischen Bedeutung, die der Google-Suche zukommt, ist es meines Erachtens fahrlässig und wettbewerbsverzerrend, dass die Staaten der westlichen Welt den Zugang zum Web faktisch einem einzigen Konzern überlassen, der mittels proprietärer, nicht öffentlich einsehbarer und überprüfbarer, in Algorithmen gefasster oder bisweilen vielleicht sogar manuell eingefügter Kriterien die Suchergebnisse selektiert und platziert und damit über den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen sowie über die Verbreitung oder Nichtverbreitung von Ideen mitentscheidet bzw. bei reinen Onlineshops, die nicht genug Geld für teure, kontextbezogene Anzeigen bei Google haben, in uneingeschränkter Machtfülle und ohne für Fehlplatzierungen zur Verantwortung gezogen werden zu können ganz allein entscheidet.

Deshalb schlage ich vor, Google zu verpflichten, seinen Algorithmus zumindest einem Kreis von Sachverständigen offenzulegen und Änderungsvorschläge, die zu mehr Gerechtigkeit bei der Bewertung von Webseiten hinsichtlich ihrer Relevanz in Bezug auf bestimmte Suchbegriffe führen, zu berücksichtigen. Man könnte Google auch vorschreiben, die bezahlten Anzeigen wieder wie früher (bei PCs und Notebooks) rechts neben und nicht vor oder zwischen den wirklichen Suchergebnissen bzw. (bei Smartphones) erst hinter/unter einer angemessenen Anzahl wirklicher, nicht gekaufter Suchergebnisse zu platzieren. Als weitere Maßnahme zur Erhöhung der Platzierungsgerechtigkeit könnten nichtkommerzielle und werbefreie Webseiten beim Ranking höhergestuft werden. Generell ist meines Erachtens zu überlegen, wie beim Ranking inhaltliche Qualität, die sich eben nicht einfach an der Anzahl der auf die entsprechende Seite verweisenden Links ablesen lässt, verstärkt in das Ergebnis einfließen kann. Möglicherweise wäre diesbezüglich die Einführung eines gut strukturierten und gepflegten Webkataloges und die Berücksichtigung desselben bei der Bearbeitung von Suchanfragen hilfreich.

Es ist für Google übrigens technisch ein Leichtes, länderspezifische Vorschriften bei der Gewinnung, Gewichtung und Ausgabe von Suchergebnissen umzusetzen.
 

Entstehungszeit: Mai 2016