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                Über die Liebe können wir kaum 
                verfügen: Wir können uns weder willentlich verlieben noch andere 
                Personen dazu zwingen, uns zu lieben, und auch die der Liebe 
                korrespondierenden negativen Gefühle der Eifersucht sowie der 
                Enttäuschung und Verzweiflung oder gar von Wut und Hass, wenn 
                wir abgewiesen oder verlassen werden, können wir nur mit Mühe 
                meistern. Die Liebe ist weitgehend Glückssache. Und doch ist sie nicht 
                völlig unbeeinflussbar: Wir 
                können sie zulassen oder verweigern, zu wecken versuchen oder 
                abtöten, wir können sie pflegen oder vernachlässigen. Was also 
                ist "Liebe" und wie sollen wir mit ihr umgehen?
                
                Unter "Liebe" zwischen erwachsenen Menschen versteht man 
                zum einen 
                das sexuelle Begehren bzw. die sexuelle Beziehung selbst, zum anderen das 
                – nicht nur bzw. nicht 
                einmal vorrangig sexuelle – starke Verlangen zweier Menschen 
                nach emotionaler Nähe und Intimität in den ersten Wochen, Monaten, manchmal 
                sogar Jahren ihrer Beziehung, das man Verliebtheit nennt, und 
                drittens jenes Gefühl der Zusammengehörigkeit, Geborgenheit, 
                Zufriedenheit und Zärtlichkeit, das sich einstellt, wenn die erste Verliebtheit 
                verflogen und es den Liebenden gelungen ist, den Partner oder 
                die Partnerin – im Folgenden der Kürze wegen mit dem Wort 
                "Partner" mitgemeint – mit allen Stärken und Schwächen zu akzeptieren, 
                trotz der Schwächen zu mögen und mit ihm oder ihr glücklich 
                zusammenzuleben. Die drei Gefühle treten freilich nicht 
                notwendig in dieser Reihenfolge auf: Häufig geht die 
                Verliebtheit dem sexuellen Begehren voraus oder mit ihm einher 
                und andererseits können sich auch noch nach Jahren aus einer 
                Freundschaft Verliebtheit und sexuelles Begehren entwickeln. 
                Auch kommt es nicht selten vor, dass in langjährigen Beziehungen 
                – und mit zunehmendem Alter – das sexuelle Begehren nachlässt, 
                ohne dass damit notwendigerweise auch das Gefühl der 
                Zusammengehörigkeit und Geborgenheit schwindet.
                
                Sexuelles Begehren
                
                Das evolutionsgeschichtlich älteste und ursprünglichste und am wenigsten auf eine 
                bestimmte Person gerichtete dieser Gefühle ist zweifellos das 
                sexuelle Begehren. Es wird weitgehend von rein körperlichen 
                Merkmalen ausgelöst und kann außer von real anwesenden Menschen 
                z. B. auch von Bildern, Filmen oder Phantasien angeregt werden. 
                Sein Objekt kann sogar zugleich sexuell anziehend und 
                unsympathisch sein. Obwohl das Verlangen nach purem Sex in 
                unserer Kultur immer noch 
                ziemlich verpönt ist, gibt es meines Wissens keinen 
                vernünftigen Grund, reinen Sex zwischen Erwachsenen abzulehnen 
                oder zu verurteilen, sofern erstens die sexuellen Handlungen von 
                den Sexualpartnern einvernehmlich vorgenommen werden, also jeder 
                Partner diesen Handlungen in vollem Bewusstsein über die 
                Konsequenzen und in freier Entscheidung zustimmt, sofern 
                zweitens durch die Handlungen keine bleibenden körperlichen oder 
                seelischen Schäden bewirkt werden und sofern drittens nur dann 
                Kinder gezeugt werden, wenn man auch willens und fähig ist, für 
                eventuelle Kinder die Verantwortung zu übernehmen, bis sie 
                erwachsen sind.
                
                Problematischer wird die Sache meines Erachtens allerdings, 
                wenn einer der beiden Partner oder sogar beide anderweitig gebunden 
                ist bzw. sind: 
                Dann nämlich sind auch die Konsequenzen zu bedenken, die sich für diesen oder 
                diese festen Partner ergeben können. Fragen Sie sich 
                einfach, ob Sie Ihren festen Partner durch das, was Sie vorhaben, 
                verletzen würden, oder fragen Sie sich selbst, ob Sie verletzt wären, 
                wenn Ihr fester Partner sexuelle Beziehungen zu Dritten einginge, 
                oder sprechen Sie mit Ihrem Partner über diese Frage. In einer 
                guten Partnerschaft sollte ein solches Gespräch möglich sein. In 
                der Regel wird die Frage leicht zu beantworten sein. Auch 
                entsprechendes Handeln ist möglich, wenn auch nicht immer so leicht: Über unsere sexuellen Wünsche und Phantasien haben wir 
                (fast) keine Macht, wohl aber (weitgehend) über unser Tun.
                
                Schwierig wird es, wenn die festen Partner sehr unterschiedliche 
                Vorstellungen und Wünsche bezüglich Treue und speziell sexueller 
                Treue entwickeln und weder Verzicht auf "Seitensprünge" noch 
                Hinnahme derselben für den jeweiligen Partner akzeptabel sind. 
                Dann wird es wahrscheinlich zu einer Trennung – bei Existenz 
                gemeinsamer Kinder zumindest von Tisch und Bett – kommen.
                
                Verliebtheit
                
                Eine noch viel stärkere Macht als das sexuelle Verlangen 
                hat die Verliebtheit über uns. Verliebtheit kann sich aus einer 
                zunächst rein sexuellen Beziehung plötzlich oder im Laufe der 
                Zeit ergeben, aber in vielen Fällen ist es wohl eher so, dass die 
                sexuellen Handlungen sich aus der Verliebtheit ergeben. Warum 
                wir uns in eine ganz bestimmte Person verlieben, ist weitgehend 
                ungeklärt. Manchmal genügt es offenbar schon, dass wir uns von 
                einer attraktiven Person gemocht und begehrt fühlen, um uns in 
                sie zu verlieben. Förderlich ist es ferner, wenn 
                die potenziellen Partner hinsichtlich des Aussehens und der 
                Attraktivität, der Bildung, der Mentalität, des sozialen Milieus 
                und der sozialen Stellung sowie bezüglich Religion und/oder 
                Weltanschauung große Gemeinsamkeiten aufweisen: Der Spruch "Gleich zu 
                gleich gesellt sich gern." trifft aller Erfahrung nach eher zu 
                als "Gegensätze ziehen sich an." Eine gewisse Fremdheit ist zwar 
                häufig von Vorteil, aber die Gegensätze sprengen meistens 
                nicht den Konsens des gemeinsamen Milieus, in dem beide Partner 
                beheimatet sind.
                
                Hilfreich für die Kontaktanbahnung scheinen außergewöhnliche 
                Situationen und Umgebungen zu sein: Auf Festen und Ausflügen, 
                aber auch bei gemeinsamer intensiver Arbeit verliebt man sich 
                offenbar eher als im Alltagstrott. Wichtig ist natürlich auch 
                das Verhalten dessen, der sich in jemanden verliebt hat: Wer dem 
                Menschen, in den er sich verguckt hat, sein Interesse und seine 
                Bewunderung mit Blicken, Worten und Taten signalisiert, ihn 
                umwirbt und versucht, sich selbst von seiner Schokoladenseite zu 
                zeigen, darf eher damit rechnen, erhört zu werden, als 
                derjenige, der es vor Schüchternheit gar nicht schafft, sein 
                Interesse zu verdeutlichen, oder ungehobelt auftritt. 
                Sowohl die Bewunderung als auch die Schüchternheit resultieren 
                übrigens aus einer der größten Gefahren der Verliebtheit: In 
                der Regel geht die Verliebtheit mit einer erheblichen Idealisierung des Partners einher, bei der 
                die Schwächen übersehen und die 
                Stärken überschätzt werden. Der Spruch "Liebe macht blind." 
                trifft, wenn mit "Liebe" Verliebtheit gemeint ist, wohl 
                tatsächlich oft zu.
                
                Problematisch wird das Verliebtsein ebenso wie das rein sexuelle 
                Begehren insbesondere dann, wenn man bereits einen festen 
                Partner hat, den man zwar nicht mehr wie in der Phase der 
                Verliebtheit vergöttert, aber auf eine ruhigere Weise gleichwohl 
                nach wie vor liebt und möglichst als festen Partner 
                behalten möchte: Die meisten Menschen sind von Natur aus 
                eifersüchtig und fordern sexuelle Treue. Sie werden sich deshalb 
                wahrscheinlich irgendwann zwischen zwei Menschen entscheiden 
                müssen. Warten Sie jedoch möglichst ab, bis die Phase blinder 
                Verliebtheit vorbei ist, damit Sie nicht voreilige Entschlüsse 
                fassen, die Sie später bereuen.
                
                Partnerschaft
                
                Nach einiger Zeit nämlich flaut die Verliebtheit ganz von selbst 
                ab und man nimmt die Stärken und vor allem auch die Schwächen 
                des anderen realistischer wahr. Wenn man den Partner dann immer 
                noch mag und mit ihm zusammenleben möchte, spricht man von 
                "Liebe" im Sinne eines langfristigen Gefühls der 
                Zusammengehörigkeit, Geborgenheit, Zufriedenheit und 
                Zärtlichkeit. Wenn Sie sich langfristig binden, sollten Sie sich 
                freilich nicht der Illusion hingeben, Ihren Partner noch 
                grundlegend ändern zu können: Seine Ansichten und manche 
                Verhaltensweisen kann der Mensch zwar auch in höherem Alter noch 
                ändern, aber der Charakter ist im Alter von ca. zwanzig bis 
                fünfundzwanzig Jahren, in den wesentlichen Grundzügen sogar 
				schon ca. nach dem dritten Lebensjahr "fertig" und kaum mehr veränderbar.
                
                Manche Menschen erreichen den Zustand der langfristigen Bindung 
                allerdings nie, weil Sie immer auf der Suche nach dem Gefühl der 
                Verliebtheit und nach dem Traumpartner sind. Solche Menschen 
                empfinden die langfristige, weniger rauschhafte Liebe als 
                minderwertig im Vergleich zur Verliebtheit und suchen und finden 
                deshalb immer wieder neu Menschen, in die sie sich verlieben. 
                Sie verzichten damit freilich auf langfristiges Glück und nehmen 
                – zumal die Gelegenheiten der Liebe mit zunehmendem Alter 
                erfahrungsgemäß abnehmen – periodische Einsamkeit in Kauf.
                
                Aber auch die langfristige Bindung muss nicht lebenslang währen. 
				Evolutionsgeschichtlich scheint es, dass die langjährige Liebe 
				vor allem dazu diente und immer noch dient, die Aufzucht des 
				Nachwuchses in den ersten Lebensjahren zu sichern. 
				Menschenkinder werden bekanntlich in einer extrem unreifen Form 
				geboren und benötigen fast zwei Jahrzehnte, bis sie erwachsen 
				sind. So selbständig, dass die Eltern sich nicht mehr ständig 
				selbst um sie kümmern müssen, sind Kinder im Alter von ca. drei 
				bis sechs Jahren. Und genau in dieser Zeit scheitern viele 
                Beziehungen: Offenbar gibt es ein genetisches Programm zur 
                Paarbildung, das nach etwa diesem Zeitraum abgelaufen ist. 
                Während der längsten Zeit der Menschheitsgeschichte dürften die 
                meisten Menschen trotzdem nur wenige "Lebensabschnittspartner" 
                gehabt haben, und zwar einfach deshalb, weil die 
                durchschnittliche Lebenserwartung bis ins neunzehnte Jahrhundert 
                hinein nur ungefähr vierzig Jahre betrug.
                
                Was aber ist zu tun, wenn man eine Liebe nicht nur vier bis 
                sechs Jahre, sondern über Jahrzehnte hinweg lebendig halten möchte? – Kein geeignetes 
                Mittel, eine Beziehung zu verlängern oder zu kitten, sind 
                zweifellos gemeinsame Kinder, denn zum einen können Kinder die 
                Probleme zwischen den Partnern nicht beheben und zum anderen 
                können sie noch zusätzliche Probleme schaffen, wenn sie sich 
                nicht so leicht handhaben lassen, wie manche Eltern sich das 
                vorstellen, oder wenn sie so viel Zeit und Aufmerksamkeit beanspruchen, dass den 
                Eltern nicht genug davon bleibt, um die eigene Beziehung zu 
                pflegen. Kinder sind vielmehr häufig die Leidtragenden 
                gescheiterter Beziehungen, und zwar sowohl in finanzieller als 
                auch in emotionaler Hinsicht, sofern es ihnen nicht gelingt, in 
                unserer individualisierten Welt verlässliche 
                Ersatzbezugspersonen zu finden.
                
                Geeignete Mittel, um eine Partnerschaft lebendig zu halten, sind 
                dagegen
                Trotz aller Bemühungen umeinander 
                bleibt eine feste Partnerschaft freilich im Prinzip immer 
                gefährdet, und zwar deshalb, weil der Mensch von Natur aus nicht 
                strikt monogam veranlagt ist, sondern in individuell 
                unterschiedlichem Maße zu sexuellen Beziehungen außerhalb der 
                festen Partnerschaft und zur Verliebtheit neigt / bereit ist. 
                Solche Parallelbeziehungen können dazu führen, dass die feste 
                Partnerschaft zerbricht / durch eine neue ersetzt wird. Die 
                strengen Strafen, die vor allem patriarchale Gesellschaften und 
                Religionen bei Ehebruch und Scheidung verhängen, und zwar 
                vorzugsweise über die beteiligten Frauen, bekunden ex negativo 
                die ständige Gefährdung des Rechtsinstitutes der monogamen Ehe, 
                der weltweit üblichsten Form der monogamen Partnerschaft.
                
                Was kann ich tun, wenn eine Beziehung scheitert?
                
                Obwohl Eifersucht, Trauer und Wut verständliche und 
                naturgegebene Reaktionen auf – sexuelle und/oder emotionale – 
                Untreue und Trennungsabsichten des Partners sind, sind diese 
                Gefühle meistens wenig hilfreich und 
                verschlimmern oft noch die Situation. Zwar ist es richtig, um 
                einen Partner, den man liebt, zu "kämpfen", aber 
                dieser 
                "Kampf" sollte wohl eher in der Demonstration der eigenen 
                Vorzüge bestehen als in Wutanfällen oder Schuldzuweisungen. Wenn die Beziehung 
                dagegen offensichtlich nicht mehr zu retten ist, 
                sollten Sie versuchen, sich 
                emotional von Ihrem Partner zu lösen: Halten Sie sich seine 
                Fehler vor Augen, lenken Sie sich ab bzw. beschäftigen Sie sich 
                intensiv mit Sachen, die Ihnen Freude bereiten. Überlegen Sie 
                sich, dass es auch Vorteile hat, allein zu leben und nicht mehr 
                ständig auf den Partner Rücksicht nehmen sowie seine Unarten 
                ertragen zu müssen. Am schnellsten kommen Sie freilich emotional 
                von Ihrem bisherigen Partner los, wenn Sie sich neu verlieben. 
                Das lässt sich natürlich nicht erzwingen. Auf jeden Fall sollten 
                Sie sich nicht ins Schneckenhaus verkriechen, sondern weiterhin 
                soziale Kontakte pflegen und nach Möglichkeit ausbauen.
                
                Die Macht der Hormone
                
                Bei krankhafter – also extremer und zumeist unbegründeter – 
                Eifersucht und bei Depressionen als Folge von Trennungen kommt 
                eventuell auch der Einsatz von Medikamenten, die in den 
                Hormonhaushalt eingreifen, in Betracht. Sowohl bei krankhafter 
                Eifersucht als auch bei Depressionen ist z. B. der Serotonin-Spiegel häufig nicht hinreichend hoch.
                
                Überhaupt kennt man inzwischen etliche Hormone, die unsere 
                Gefühle steuern und bestimmen. Neben Serotonin gehören dazu u. 
                a. auch Dopamin, Oxytocin, Vasopressin, Adrenalin und 
                Noradrenalin sowie als spezielle 
                Sexualhormone Östrogene und Gestagene (vor allem bei Frauen) und 
                Testosteron (vor allem beim Mann). Jedoch sind Hormone, so 
                wirkungsmächtig sie sind, nicht für alle unsere Gefühle und für 
                die Ausrichtung unserer Gefühle verantwortlich: Kein Hormon kann 
                z. B. aus einem Homo- einen Hetero- oder aus einem Hetero- einen 
                Homosexuellen machen. Außerdem wirken unsere Gedanken und 
                Handlungen auf unsere Hormonproduktion zurück.
                
                Eine Einnahme von Hormonen bzw. von Medikamenten, die den 
                Hormonhaushalt beeinflussen, sollte in jedem 
                Einzelfall sorgfältig abgewogen werden, denn Hormone wirken 
                vielfältig und stehen zudem in Wechselwirkung zueinander. So ist 
                es z. B. in der Regel nicht ratsam, den männlichen Sexualtrieb 
                ohne Not mit Testosterongaben zu steigern, denn Testosteron 
                steigert nicht nur das sexuelle Verlangen, sondern zugleich auch 
                die Aggressivität und die Neigung zur Promiskuität und kann überdies Prostatakrebs aktivieren.
                
                Praxisbezogene Links
                
                BAG 
                Prävention & Prophylaxe e.V.
                BZgA – Loveline
                BZgA 
                – Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung
                
                Deutsche 
                AIDS-Hilfe e.V.
                
                Onmeda – Lexikon der Sexualität
                pro familia 
                Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und 
                Sexualberatung e.V.
                Sextra – pro familia-Onlineberatung für Jugendliche und Erwachsene
                Sexundso – pro familia-Onlineberatung für Kinder und Jugendliche
                
                
               
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Entstehungsjahr: 2009